La poubelle cuisine

Hotel Rhodannerberg: Morgengrauen bei van Sprundel

"Durchgehend kalte und warme Küche abends bis halb neun und morgens ab halb neun": so lautete die Eigenwerbung von Herrn van Sprundel beim Check-In im Hotel Rhodannerberg. Da wir jedoch früh fort wollten - der Pragelpass wartete auf uns - erwünschten wir ein Radfahrerfrühstück bereits um halb acht. Das sei kein Problem, wir sollten einfach am abend alles bezahlen und das Frühstück stehe dann pünktlich um halb acht vor der Zimmertüre.

Es stand. Pünktlich und bereits bezahlt. Jedenfalls interpretierten wir das mit seltsamen Gegenständen beladene Tablett, welches da vor unserer Türe stand als solches. Das mit roten Rosen bedruckte Papiertischset war neben dem echten Migros-Porzellan und den diebstahlsicheren EPA-Messern zweifellos das stimmungsvollste vom Ganzen. Danach war es aber mit der Appetitlichkeit bereits
vorbei. Daneben fanden wir ein Päckchen in Alufolie. Darin fand sich Budget-Ruchbrot von der Vorwoche, das auch durch die zusätzliche Frischhaltefolie nicht wesentlich frischer wirkte als wir, aber noch eine gewisse Rest-Elastizität aufwies. Diese wurde jedoch beim Versuch, das Käseimitat aus holländischen Kautschuksurrogaten, welches anstelle von Butter beigelegt war, darauf zu applizieren zunichte gemacht. Man muss der Lebensmittelindustrie schon zugute halten, dass sie sich alle erdenkliche Mühe gibt, BSE-kontaminierte Schlacht­abfälle auf möglichst nachhaltige Weise einer Neuverwendung zuzuführen. Diese graugelbe Bröckelschicht verpasste dem entstehenden Gesamtkunstwerk jedenfalls bereits einen durchaus Beuys’schen An- bzw. Aufstrich und erwies sich als hervorragendes Gleit- und Haftmittel für die Portionen-Konfitüre. Nun galt es nur noch das dergestalt entstandene Konglomerat so zügig wie möglich aus der Welt zu schaffen. Dazu war der in einem Fr.1.95-IKEA-Echtplastik-Thermoskrug servierte Zichorienersatz ideal, weil dieser mit seiner angenehmen Temperatur, welche kaum
über derjenigen des Klöntaler Sees gelegen haben dürfte, also eher durchgehend kalt als warm war, den Weg durch unsere Kehlen äusserst rasch fand, was sich gastronomisch als grosser Vorteil erwies - galt es doch, den Schluckreflex schneller zu aktivieren als den umgekehrten. Lobend erwähnen muss man den Sinn für das Praktische der holländischen Gast­geberfamilie: der beistehende Tischeimer versteckte dankbar alles, was nicht schnell genug geschluckt werden konnte, auch die versauten Tassen. Requiescat in pacem! Daneben pflanzten wir die Rosen der Tischsets auf.

Ein Radfahrerfrühstück war es tatsächlich. So schnell sind wir noch selten von wo fortgeradelt!
17.07.2005

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