Ein Kater namens Sidi Brahim

Die Macht der Putzfrauen

Letzthin hat ein Update von Windows den Touchscreen meines Laptops und andere Funktionen lahmgelegt. Das heisst, ich war nicht der einzige, sondern ganz viele waren betroffen, wie entsprechende Foren von Selbsthilfegruppen für Mobbingopfer von Betriebssystemen bald einmal klar machten, und es war nicht eigentlich ein offizielles Update von Microsoft, sondern eher eines von deren Putzfrau, die am Montagabend über ein wichtiges Serverkabel gestolpert ist und dieses dann am falschen Ort wieder eingesteckt hat, worauf dieses Update dann eben ungewollt rausgeflutscht ist wie ein vorzeitiger Samenerguss. Naja, ich will ja nicht jammern: Nach einem echten Update von Windows, also nicht von der Putzfrau, sondern vom Bierlieferdienst, ist es meinem Nachbarn passiert, dass der Rechner überhaupt nicht mehr kam, sondern beim Aufstarten nur noch zwischen unterschied­lichen Glücksoptionen rotierte: F8, FA/18, Advanced Bootcamp, Schnellstart und Coitus interruptus. Der Bildschirm strahlte dabei in immerwährendem Hoffnungsblau und leer wie der gepresste Enzian in einer Heidi-Erstausgabe zwischen Seite 18 und 19. Something happened on the way to heaven!

Tja, die automatischen Updates, die haben es in sich. Man kann sie heute ja gar nicht mehr
verhindern, sie kommen von selbst zu einem wie die unbefleckte Empfängnis und sorgen dafür, dass die Welt plötzlich ganz anders funktioniert als zuvor. Der Milchschäumer unserer Kaffeemaschine beispielsweise hat ein Performance-Update von DeLonghi erfahren und kann nur noch zum Föhnen oder als Bautrockner verwendet werden. Zum Milchschäumen für den geliebten Cappuccino bedienen wir uns daher jetzt eines anderen Updates für die elektrische Zahnbürste, welches zum Glück etwa zeitgleich stattgefunden hat. Nur dass wir jetzt mit Mundgeruch zu Bett gehen müssen, weil das Update für den Vibrator noch nicht eingetroffen ist, der eine USB-Schnittstelle für die Zahnbürstenköpfe enthalten soll, und das Zähneputzen mit dem Laptop einfach zu umständlich ist. Wenn ich mich auf die Waage stelle, erscheint auf deren Anzeige seit kurzem die Meldung «schwerwiegender Fehler». Und um die Tür der Waschmaschine zu öffnen, müssen wir neuerdings auf den Klingelknopf drücken. Wir haben lange nicht herausgefunden, was passiert, wenn wir auf den Waschmaschinentürenknopf drücken, bis unser Nachbar vor der Tür stand und mit der Polizei drohte. Solche Umstellungen sind wir zum Glück gewohnt, da wir im Büro-Alltag Microsoft Office verwenden. Da werden ja auch bei jedem Release all die sorgsam versteckten Funktionen wieder ganz wo anders versteckt, und es gibt jedesmal Jubelrufe, wenn einer die Kopfzeilen-Funktion wieder entdeckt hat wie Kolumbus das
vermeintliche Indien oder seine Eier. Ich glaube, zurzeit befindet sie, also die Kopfzeilenfunktion, sich an der DeLonghi oben links, neben dem doppelten Whiskey.

An all das kann man sich ja gewöhnen, aber etwas mulmig wird mir ja schon bei dem Gedanken, dass bald Autos auf unseren Strassen fahren, die von Software gelenkt werden statt von Menschen. Google testet ja schon solche selbstfahrenden Autos. In diesen muss heute immer noch ein Fahrer sitzen, um notfalls eingreifen zu können, wenn das Auto Mist baut. Wenn aber der Fahrer und das Auto nicht dasselbe Update haben, dann kann das ziemlich brenzlig werden. Beispielsweise fährt der Fahrer noch mit Windows 7 und möchte, als er realisiert, dass er, das heisst sein Auto, bei Rot über die Ampel gefahren ist, aus Gewohnheit die Start-Taste drücken um das Gas herunterzufahren, worauf das Auto, welches mit Windows 10 fährt, entweder Vollgas gibt oder die Fahrertüre öffnet, weil es den Befehl als «anderer Benutzer» interpretiert hat. Im besten Fall kriegt das Auto mitten auf der Kreuzung ein neues Update und bleibt dann stockstill stehen. Bis eine Putzfrau kommt und sich seiner erbarmt.
Bill Gates-to-Hell

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