Ein Kater namens Sidi Brahim

Nackt-Selfie mit Affe

Lange ging man davon aus, dass Geri Müller sein Amt als Stadtammann von Baden mit Stolz bekleidet. Heute weiss man es besser: Er bekleidet es nicht, aber dafür mit umso mehr Stolz. Was ist daran falsch? Ach so: dass das Unsittliche in einem amtlichen Raum stattgefunden hat, sagen die Moralischen. Die könnten sich ein bisschen mehr Italianità abschneiden: Bei Berlusconi war genau das schliesslich das Amt, jahrzehntelang. Jetzt treibt er es nur noch in Altersheimen, und wahrscheinlich nicht mehr ganz so toll. Bunga Bunga zieht nach Baden um! Das tut dem Aargauer Image doch gar nicht so schlecht, das sonst nur aus Atomkraftwerken, Autobahnen und Antiausländergrillabenden besteht. Könnte man meinen, aber die Sittenwächter verlangen jetzt deswegen den Rücktritt des bunten Hundes. Aber was ist Geri gegen die zahllosen pädophilen Bischöfe? Die sind alle noch im Amt, weil sie sich im Gegensatz zu ihm vorsichtshalber kein Bild von Gott gemacht haben.

Heute werden ja überall Selfies gemacht, sogar vor den Gaskammern in Auschwitz, während des Flugzeugabsturzes, ja sogar direkt nach dem Aufstehen. Und zwar nicht nur solche, die einem falsch verstandenen
Johannes-Evangelium verpflichtet sind, sondern hemmungslos von allen Körperteilen, sogar und überwiegend von Gesichtern. Wobei man sagen muss, dass die Bilder von Gesichtern meistens nicht vorteilhafter sind als diejenigen von Geris Hirnfortsatz: wirre Haare, die Nase hängt schief im Gesicht und tropft und so weiter, wie das halt so ist grad nach dem Aufstehen. Aus naheliegenden Gründen wird man auf solchen Bildern eher wiedererkannt als auf Intimzonenselfies, jedenfalls hoffentlich ist das bei den meisten noch so. Dummerweise hat man die Bilder von sich, nachdem man im Vollsuff in die Pizza Margherita gefallen ist oder so, in seiner Eitelkeit bereits in der Welt herumgeschickt oder auf Facebook gepostet, und dann braucht bloss noch einer zu kommen und zu sagen, ach ja, den kenne ich, den Affen, und dann ist es vorbei mit der Idee, das Bild einfach wieder entfernen zu lassen, da man sich damit das Urheberrecht verscherzt hat, wie das mit Affen-Selfies halt so ist. Dann muss man damit leben, dass man lebenslänglich als Affe mit Tomatensosse und Käsefäden im Gesicht im Netz herumirrt. So gesehen ist es eigentlich vorteilhafter mit den Intimzonenselfies, weil die kann man letztlich jedem oder mindestens jedem bzw. jeder zweiten in den Arsch schieben, beweisen können es die wenigsten, dass du drauf bist, und das auch nur, wenn du
vergessen hast das Licht zu löschen beim One Night Stand. Und der NSA hat wenigstens auch mal was Interessantes zum draufgucken, nicht immer nur diese öden Terroristenvollbärte.

Facebook fürchtet allerdings Konkurrenz und hat sich vorsichtshalber die URL www.dickbook.com bereits reservieren lassen. Auch Playboy verlangt neuerdings eine universitäre Ausbildung oder zumindest einen Fachhochschulabschluss für das mediale Nacktposieren. Etwas mehr Selektion wäre tatsächlich wünschenswert, schon nur, um das Abendland nicht ästhetisch zu ruinieren. Manchmal verstehe ich die Vollschleiermullahs direkt. Heute braucht es ja nur noch einen Klick, bei den alten Römern musste man das noch mühsam aus dem Marmor hauen, hatte dafür dann aber auch was mit Bestand in der Hand. Das hatte auch seine Vorteile.
David

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