Ein Kater namens Sidi Brahim

Garaschickimicki

Garage mieten, Trauben kaufen, Wein machen, teuer verkaufen. Mit diesem bombensicheren Businessplan kriegen Sie auf der Bank garantiert jede Menge Schuhe in den Hintern. Anders sieht es aus, wenn die Garage im Bordelais steht, der Wein vor dem Verkauf vom Starönologen Michel Rolland durch einen Konzentrator gejagt und von dem Hund seines Freundes Robert Parker mit 93.54 Robidogpunkten bewertet wird. Dann sehen Sie sich schon bald in der Lage, der Bank in den Hintern zu treten. Denn solcher Stoff verkauft sich besser und teurer als Koks im Ritz.

Château Valandraud, Château Givaudan, Château la Mammondotte, Château Frankenstein: Klein und teuer wie Négligés von Karl Lagerfeld. Château Valandraud wurde einmal zum Vin de Table deklassiert, was seine Preise noch mehr explodieren liess. Die offizielle Bordelaiser Klassifikation kann also im Wettbewerb sogar ein Hindernis sein wie ein ausgetragenes Calida-Pyjama neben obgenanntem Négligé. So schauen besonders die altehrwürdigen Premiers Grand Crus im Bordelais mit Neid auf diese Garagenkellereien, die mit Nichts an Aufwand astronomische Preise für ihre Tropfen erzielen. Laut Gerüchten hat sogar
Château Latour sein schmiedeisernes Parktor durch ein wellblechernes Garagentor ersetzen lassen und verkauft seine Weine nur noch bei Vollmond im Geräteschuppen der Genossenschaft von Pauillac. Château Margaux hat begonnen, seinen Wein mit der ausrangierten Benzinpistole der benachbarten Renault-Garage in Pet-Flaschen abzufüllen und auf Château Pétrus sollen sogar sämtliche Merlot-Stöcke ausgerissen und durch Katzenseicherli ersetzt worden sein, nur um den begehrten Label "Vin de Table" führen zu dürfen. Kein Wunder auch, äugt die Bielersee-Winzergilde skeptisch Richtung Reichenbach, wo doch kürzlich erst eine Garage gemietet wurde für den Ausbau des künftigen Weines.

"Vin de Table", "Vin de Garage", "Vin de Latrine" - das sind die typischen Labels dieser Garagenweine, die pro Flasche so viel kosten wie andernorts der ganze Rebberg. AOC und Grand Cru Classé sind passé, das Schloss auf der Etikette ist der Hundehütte gewichen und verzapft wird nicht mit Korken, sondern mit alten Strumpfhosen der Schwiegermutter des Winzers. Nicht in Allier-Barriquen wird ausgebaut, sondern in Altölfässern, die inwendig mit Holzlaminat aus entsorgten Siebzigerjahreinbauküchen verkleidet sind. Die von Alkoholikern mundgemalten Etiketten werden mit Kautabakspucke an die Flaschen geklebt, und wenn der Garagist und Winzer, meistens ein
Quereinsteiger, der zuvor erfolglos als Leichenwäscher, Lebensmittelchemiker oder Nonnengynäkologe gearbeitet hat, zur Degustation lädt, wäscht und rasiert er sich mindestens sieben Tage lang vorher nicht. Verkostet wird in Einwegplastikbechern Marke Rüdel, die randvoll gefüllt werden, damit man die Fliegen besser von Hand rausfischen kann. Ja nichts Elitäres oder Snobistisches mehr - Originalität, Rarität und Einfachkeit ist gefragt. Das ist es, wonach sich die Multimilliardäre sehnen, wenn sie einsam und steril auf ihren schneeweissen Jachten durch die Karibik schippern oder aus den Fenstern ihrer Schlösser verträumt auf den Hintern ihres Gärtners starren.

Letzterer wird immer unerreichbar sein für sie. Zwei Linien Valandraud können sie sich aber locker leisten und sogar den Gärtner dazu einladen. Der wird aber verständnislos gaffen und schüchtern fragen, obs auch Bier gibt. Und mit dieser harmlosen Frage ahnunglos dafür sorgen, dass die erste Lagerbier-Boutique in der Waschküche eines Brüsseler Banlieuehochhauses schon bald Nachahmer finden wird...
Heinrich Heineken

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