Ein Kater namens Sidi Brahim

Yes, we scan!

Also, was zu weit geht, geht zu weit. Was die alles wissen! Letzthin telefonierte ich mit der National Security Agency: "Wissen Sie, wo ich meinen Schlüsselbund liegen lassen habe?" "In der Zuckerdose. Aber sagen Sie mal, warum falten Sie eigentlich das Klopapier vor der Benützung?" "Warum wollen Sie denn das wissen?" "Na ja, gefaltet lässt sich das weniger gut mitlesen." Das überzeugt ja grundsätzlich schon als Argumentation, aber mir ist nicht mehr ganz wohl bei dem Gefühl, dass der Geheimdienst nun sogar in trüben Schüsseln ficht. Seither spiele ich mit dem Gedanken, einen Klosomat anzuschaffen. Ohne Webcam, GPS und WLAN gibt es die aber gar nicht mehr. Dass eMails mitgelesen werden, überraschte mich ja nicht besonders, da kann man ja immerhin als Gegenmassnahme einfach Selbstzensur anwenden, aber bei der A-Post führt das schnell mal zu Verstopfung und Darmgeschwüren, man muss zum Arzt, kriegt eine Krankengeschichte verpasst, welche irgendwo in der Cloud ihr Unwesen treibt, in die Hände einer Steuerbehörde gerät, welche eine Hinterziehung
irgendeiner Form wittert, und plötzlich verliert man seinen Facebook-Account deswegen, kann seine Darmbeschwerden nicht mehr seinem Friendeskreis posten, und man hat nicht einmal mehr virtuell Erleichterung. Der gläserne Darm.

Das waren noch romantische Zeiten, wo man wusste, wie Überwachung aussieht. Man brauchte bloss Ausschau halten nach borsalino- und sonnenbrillenbewehrten Herren mit durchlöcherten Zeitungen vom Vortag und Wanzen im Knopfloch. Die wollten dann irgendwas über einen wissen, trauten sich aber nicht direkt zu fragen. Heute würde man sich von einer solchen Form von Individualbetreuung schon geschmeichelt fühlen. Das gibt es gar nicht mehr. Hingegen produzieren wir pro Kopf mindestens so viel Datenmist wie CO2, und eine ganze Armada von Bandwürmern namens NSA, SIS, GCHQ, CIA, FBI, IRS und ARA beschäftigt sich mit dem Screening desselben, um potentielle Terroristen und Steuerhinterzieher aus der Scheisse zu ziehen. Offenbar mit Erfolg: Laut neuster amerikanischer Statistik sind 80% der Weltbevölkerung als potentielle Steuerhinterzieher und 95% als potentielle Terroristen identifiziert worden. Ein totaler Recyclingerfolg! Das prominenteste Opfer dieser systematischen Wühlerei ist das
Bankgeheimnis. Es wird in absehbarer Zeit unwiderruflich der UBS-Schnittstelle weichen.

Häufig wissen die Geheimdienste ja schon längst vor einem selbst, dass man auf dem besten Weg zum Terroristen ist. Erst nachdem man bei der Einreise auf amerikanischem Boden gefilzt worden ist und einem das Trockenshampoo einen Kuraufenthalt in Guantanamo beschert hat, realisiert man in der Regel, dass man den brennenden Wunsch verspürt, Manhattan Downtown anzufliegen, einfach, diesmal mit einer echten Ladung "Anthrax Multivitamin" an Bord.

Dabei wäre es doch naheliegend, dieses vorauseilende Wissen in unserer Dienstleistungsgesellschaft nutzbringend einzubringen. Es wäre doch nett, wenn ich morgens das Kochbuch aufschlage und mit dem Finger auf "Spaghetti al Pesto Ganovese" tippe und es im selben Moment an der Tür klingelt und LeShop die Zutaten dazu anliefert. Es klingelt, ja, aber es ist die Polenta. Wegen eines blöden Schreibfehlers.
Obama bin Laden

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