Ein Kater namens Sidi Brahim

Subventionen, Schweineschmalz und Sonnenbrand

Irgendwie krieg ich es nicht mehr auf die Reihe: Da hat man uns jahrelang weisge­macht, für die Energiewende brauche es unbedingt mehr Pumpspeicherkraftwerke, weil nur die in der Lage seien, all den Strom in Obhut zu nehmen, den die ach so unberechenbaren Wind- und Sonnenkraft­werke immer zur dümmsten Zeit zu viel herstellen, weil der sonst verloren wäre oder unser Stromnetz zusammenbräche. Und ausserdem könne man damit ein gutes Geschäft machen, weil man eben den Strom dann habe, wenn er am meisten gebraucht werde, und man ihn teuer verkaufen könne. Obwohl diese Kraftwerke ja unter dem Strich gar keinen Strom erzeugen sondern vernichten - sie brauchen zum Hochpumpen mehr als sie beim Ablassen erzeugen - war ich eben wild entschlossen, über meinen grünen Schatten zu springen und nun doch für eine Erhöhung der Grimselstauseemauer zu sein und dafür komplett gegen meine Natur ein Stück Natur zu opfern. Schliesslich geht es nicht um ein paar Arven sondern um nichts weniger als die Rettung der Welt.

Aber jetzt ist mein mühsam zugunsten der Pump­speicher­kraftwerkbetreiber aufgebau­tes Weltverständnis zusammengebrochen: Eben diese Betreiber betteln den Bundesrat neuerdings um Subventionen an, weil eben diese Kraftwerke nun nicht mehr rentabel seien - weil die bösen bösen Wind- und Sonnenkraftwerke in Deutschland (alle subventioniert) ausgerechnet zur Mittags­zeit am meisten Strom erzeugen, wenn man doch den schönen Pumpspeicherkraftwerk­strom so schön teuer verkaufen könne. Nun bleibe man mittags auf den so schön gefüllten Pumpspeicherkraftwerkstauseen einfach sitzen und könne höchstens drin baden (verboten), sich an ihrem Ufer einen Sonnenbrand holen oder drauf surfen mit der Restsonne und dem Restwind, den die Deutschen noch nicht mit ihren Kraftwerken abgezapft haben.

Offensichtlich war es für die Pumpspeicher­kraftwerkbetreiber nicht voraussehbar, dass in Deutschland mittags die Sonne am stärksten scheint, also die Sonnenkraft­werke ausgerechnet dann Strom erzeugen, wenn er am meisten zum Kochen, Auto­staubsaugen und fürs Kühlschranklicht
gebraucht wird. Mir kam das eigentlich früher einmal logisch vor beziehungsweise komisch, dass man diese neuen Pump­spei­cherkraftwerke als Ausgleich für die Sonnen­kraftwerke und nicht für die Atomkraftwerke brauche, die ja auch nachts scheinen beziehungsweise strahlen beziehungsweise Strom machen, also dann, wenn mal endlich alle Leute pennen und nicht mehr nur ans Stromverbrauchen denken. So dass man zum Beispiel in Belgien alle Autobahnen nachts beleuchten muss, damit man den Atomstrom loswird und das Stromnetz nicht zusammenbricht. Aber ich war ja bereit, den Pumpspeicher­kraft­werkleuten zu glauben, nur sollen sie mir jetzt aber bitte erzählen, warum sie noch mehr von diesen offensichtlich unbrauchbaren und subventionsbedürftigen Staumauern hinstellen wollen? Und wenn nun die Schweizer nun auch noch anfangen mit Solarpanels und so? Bis jetzt haben sie ja darauf weitgehend verzichtet, um die Pumpundsobetreiber nicht zu stark in die Bredouille zu bringen. Aber wenn sie mal damit anfangen, dann bleibt nur noch zu hoffen, dass in der Schweiz im Gegensatz zu Deutschland die Sonne am Mittag nicht scheint. Es wäre also sinnvoll, den Klimawandel so weit zu fördern, der uns mittägliche Monsumregengüsse bescheren könnte, notfalls mit Subventionen.

Jetzt weiss ich halt nicht, wer genau der Schweinehund im Stromumzug ist. Sind es jetzt die bösen Sonnenkraftwerke, weil sie subventioniert werden? Oder sind es die bösen Atomkraftwerke, die bald abgestellt und auch subventioniert werden, zwar nicht direkt, aber immerhin dadurch, dass unsere Volkswirtschaft deren alle paar Jährchen vorkommenden Unfälle gratis versichert? Oder sind es die Pumpspeicherkraftwerkbe­trei­ber, die nun auch böse, also subventio­niert werden wollen, damit sie im Wettbewerb mithalten können?

Vielleicht sind es einfach die Subventionen, die böse sind. Die machen, dass der Strom einfach zu billig ist, ob er nun aus Wind, Wasser, Sonne, Uran, Schweineschmalz oder Schwarznasenschaffürzen hergestellt wird. Würde man ihn gar nicht subventionieren und müssten beim Strom und beim Erdöl ebenfalls die Sekundär­kosten gedeckt werden so wie CO2, GAU, CEO und WEF, dann wären sie viel teurer. Soviel teurer, dass man vielleicht mal darüber nachdenken müsste, auch mal
weniger davon zu brauchen und den Kühlschrank endlich zuzumachen. Aber da sagen dann schnell wieder ein paar, wenn die Energie so teuer ist, dann würde unser Wirtschaftssystem kollabieren, die Löhne der CEO’s in den siebenstelligen Bereich ab- und die übrige Menschheit in Armut versinken. Ganz zu schweigen von den zahllosen Arbeitsplätzen, die in der Kühlschranklampenindustrie verloren gingen. Andere sagen zwar, der Mensch sei das intelligenteste Wesen, das auf der Erde lebe, und ich würde jetzt mal davon ausgehen, dass ein so intelligentes Wesen für ein so einfach verständliches Problem wie teurer werdende Energie auch mal eine Lösung finden könne (schliesslich hat es auch "teuer", "Energie" und "Problem" erfunden), aber diese Intelligenz wird wahrscheinlich mit Erdöl oder Strom betrieben und macht dann gleich schlapp, wenn die nicht mehr ausreichend billig konsumiert werden können. Vielleicht sollte man auch einfach den gesunden Menschenverstand subventionieren statt alles andere?

Apropos Subventionen, Energie und Schweineschmalz: Dass das eine nicht besonders den gesunden Menschen­verstand fördernde Kombination von Betriebsstoffen ist, zeigte sich unlängst, als die Schweizerischen Schweinezüchter Subventionen für ihr Mastschweinefleisch forderten: Da das in Südamerika produzierte Soja zunehmend fürs Autofahren gebraucht werde, könne es nicht mehr so billig wie früher für die Schweinemast in die Schweiz importiert werden. Und in der Schweiz kriege man kein Soja, wahrscheinlich weil dieses subventioniert und für die Schweinezucht nach Südamerika exportiert werde. Also werde das Fleisch teurer. Das Volk solle nun das Fleisch mit Subventionen, d.h. Steuergeldern verbilligen, damit es sich das Fleisch billiger kaufen könne, weil es schliesslich auch nicht bereit sei, für so nachhaltig produziertes Fleisch viel zu zahlen. Und weil Schweinefleisch kaufen müsse man schliesslich jede Woche, Steuern zahlen hingegen nicht. Das hat ausserdem den schönen Effekt, dass alle Vegetarier diese Schweinerei mitbezahlen dürfen und nicht einmal die Knochen von den Steuern abziehen können. Geschieht denen recht, diesen Schweinen.
Günther Güsel

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