Ein Kater namens Sidi Brahim

Swiss Quality

Während in Fukushima die japanische Regierung zu retten versucht, was zu retten ist - leider ist das nicht mehr sehr viel, ledig­lich noch die Glaubwürdigkeit der interna­tio­nalen Atomunfallskala und die eigene Wiederwahl - wird die hiesige Bevölkerung von Kernkraftwerkbetreibern nach wie vor in Sicherheit verschaukelt. Klar, es existiert schon etwas Erklärungsnotstand: Nach Tschernobyl hiess es noch, dass ein solcher Super-GAU ein Ereignis ist, das nur einmal in einer Million Jahren vorkomme, und dass das ja nur geschehen sei, weil die Russen ja notorische Pfuscher sind, heute muss man feststellen, dass entweder eine Million Jahre verdammt kurz sind, kürzer noch als die Halbwertszeit von Cäsium-137, oder dass auch die Japaner Pfuscher sind. Nur wir Schweizer sind natürlich keine Pfuscher, ebensowenig wie die Deutschen und Fran­zosen rundherum. Dass in der Staumauer des Mühleberg-Wasserkraftwerks aus Betonmangel Hohlräume eingebaut wurden, kann ja sicher nicht als Pfuscherei betrach­tet werden, sondern eher als Vorsorge:
Schliesslich steht einem dann bei einem allfälligen Staudammbruch mehr Beton für die Sarkophagisierung des darunterlie­gen­den Atomkraftwerks zur Verfügung. Atom­kraftwerke gehen hierzulande zwar nie kaputt, sondern laufen mit Behördensegen unbefristet problemlos immer weiter und weiter, trotz Kernmantelrissen und so, und wenn sie doch kaputtgehen, dann sicher nicht aus Pfuscherei, sondern einfach weil, ich weiss halt auch nicht. Und Lucens ist ja auch schon lange her. Auch dass regel­mässig Hallenbaddecken vom Himmel fliegen und schon nach zehn Jahren sanierungsbedürftige und akut einsturz­gefährdete Frauenkliniken gebaut werden, liegt ja kaum an unseren Behörden oder Architekten, sondern sicher an den Bauar­beitern, den russischen oder japanischen, die gepfuscht haben. Italienische nehmen wir eh schon lange keine mehr, die sind auch Pfuscher, man sehe nur denen ihre Baudenkmäler an wie das Kolosseum oder die Altstadt von L‘Aquila oder Berlusconis Fassade, die ja in einem furchtbaren Zustand sind - zum Glück bauen die keine AKW’s!

Aber unseren Behörden dürfen wir doch vertrauen, wenn sie uns erklären, dass so
ein Kernkraftwerk von Schweizer Qualität locker bis in die Ewigkeit läuft. Die sitzen ja auch in den Verwaltungsräten der Kraftwerkbetreiber und kriegen Dividenden, da müssen sie ja daran interessiert sein, dass so ein Kraftwerk gesund amortisiert und nicht etwa unsinnig teuer vorzeitig verschrottet wird. Und weil unsere AKW’s hier ja so sicher sind, müssen sie sich ja auch nicht versichern gegen Schäden, der Staat übernimmt einfach die Garantie, wie bei den Grossbanken, die ja auch so extrem sicher sind, einfach weil sie in der Schweiz liegen. Die kriegen schon keine Löcher, bei uns kriegt die nur der Käse. Und unseren Behörden und Kraftwerkbetreibern wird ja sicher auch noch irgendwann mal etwas Schlaues einfallen, was man mit den abgebrannten Brennstäben machen könnte, die wie heisse Kartoffeln rumgereicht werden und die irgendwie keiner bei sich im Vorgarten will. Ist ja auch kein Wunder: Wer will schon einen Mülleimer vor der Hütte, der fast solange rumstinken wird, wie wir schon aufrecht laufen, bevor er endlich abgeholt wird.
TrittstdaherimStrahlenmeer

>home >archiv