Ein Kater namens Sidi Brahim

We wisch for you

Kinder sind bekanntlich vor allem dazu da, einem Unordnung in das Leben zu bringen sobald man allmählich das Gefühl hat, sein Leben jetzt doch langsam endlich aufgeräumt zu haben. Das fängt damit an, dass man mit Bambi-Lätzchen statt Krawatte seinen Dienst hinter dem Schalter beginnt oder mit einer Milupastrasse vom grossen Bären abwärts bis zum Kreuz des Südens auf dem neuen schwarzen Hemd zum MAG erscheint. Später greift man im überfüllten Intercity in die Aktentasche nach dem klingelnden Handy und hält sich vor versammeltem Publikum die nur mit Reizwäsche bekleidete Barbie ans Ohr, bevor man mit knallrotem Kopf seinen Irrtum bemerkt und endlich das Batterie-Maschinengewehr aus der Tasche fischt und abstellt. Zwei Tage später wird man zufällig Zeuge, wie Lieblings-Schweinchen Günther leise stöhnt. Man schaut nach und findet das mit letzter Kraft vibrierende Handy endlich wieder.

Die beneidenswerte Fantasie kleiner Kinder kennt ja keine Grenzen. Aus allem, was ihnen gerade in die Finger gerät, können sie ein Spiel machen. Wie süss, wie Günther stundenlang mit einer Suppe aus
Nussschalen, Lego, Papierschnipseln und Brekkies bekocht wird. Das kann auch ganz praktisch sein, weil man dann auf dem Waldspaziergang nicht noch die ganze Playmobil-Ritterburg mitsamt der Armee Karls des Kühnen und der Konterarmee Urs‘ des Unordentlichen mitschleppen muss. Nicht nötig, da werden ganz einfach Tannzapfen zu Pistolen, Schnecken zu Kugeln und Papas Hintern zur Zielscheibe. Wie süss. Umgekehrt kann es aber auch ganz schön lästig sein, wenn man doch bitte bitte die überfahrene Bierdose und die Zigarettenkippe heimtragen muss, weil man daraus ja zusammen mit einem Liter Alleskleber vielleicht noch einen Zoo oder eine Raumstation basteln kann. Ich habe mir unterdessen angewöhnt, meine extraweiten Jackentaschen mit Plastiksäcken auszukleiden - mit der Aura nach Bier und kaltem Rauch im Büro zu erscheinen löst doch gelegentlich Getuschel aus. Überhaupt, so Spaziergänge können sich ziemlich in die Länge ziehen, wenn man nicht dauernd erklären möchte, wieso diese praktischen leeren Petflaschen einfach ungenutzt auf dem Weg liegen, das arme Radkäppchen am Strassenrand keine Angst hat vor dem bösen Golf, die zerschlissene Polstergruppe im Wald besser hinpasst als in die Puppenstube und was der Pariser da unter dem Busch treibt und warum der dort doch einfach liegen bleiben möchte. Ich
habe beobachtet, dass routinierte Eltern, die mit ihren Kindern noch vor Einbruch des Winters bis zur Migros und zurück gelangen möchten, längst heimlich einen Müllsack am Kinderwagen mittragen. Spätachtund-sechziger haben deren drei: grün für kompostierbare, blau für altmetallische und schwarz für gebührenpflichtige Spielsachen. Manchmal noch einen kleinen Braunen für die jungen Hunde.

Eigentlich ein Wunder, dass die Stadt Bern über Littering klagt. Das Problem ist nicht, dass zu viel Abfall herumliegt, sondern vielmehr, dass zu wenig Kinder herumlaufen. Das haben die Grünen längst erkannt und fordern mehr Krippenplätze statt Kampfflugzeuge und höhere Kinderzulagen statt Kehrichtgebühren. Alles halb so wild, woanders sieht es noch viel schlimmer aus: In Neapel rät der Papst sogar schon von der Verwendung von Verhütungsmitteln ab!
Roberto Bambini

>home >archiv